Geschichte bis ins Detail betrachtet

Stefan Fischbach (rechts) erläuterte in seinem Vortag die Baugeschichte des zehneckigen Bauwerks, dass nach außen das Bild einer Rundkirche annimmt. Foto: Uli Pohl (Bild vergrößern)
Bild zur Meldung: Stefan Fischbach (rechts) erläuterte in seinem Vortag die Baugeschichte des zehneckigen Bauwerks, dass nach außen das Bild einer Rundkirche annimmt. Foto: Uli Pohl

„Der Architekt Johann Schrumpf sollte mit dem Bau der Rundkirche etwas Erhabenes entstehen lassen. Eine Kirche, die sich über das Gemeine oder die Gemeinde erhebt.“ Mit diesen Worten begrüßte Stefan Fischbach, mehr als zwölf Jahre Pfarrer in der Kirchengemeinde Oberneisen mit den Orten Netzbach und Lohrheim, die rund 80 Zuhörer genau an dem Ort, um den sich an diesem Abend alles drehte. Fischbach, der im vergangenen Jahr als Seelsorger nach Nassau wechselte, kam gern in die Rundkirche zurück, um im Rahmen des Oberneiser Forums des SPD-Ortsvereins über sein 164 Seiten starkes Werk zur Baugeschichte des Gotteshauses zu berichten. „Ich war von Anfang an fasziniert von dem sakralen Gebäude. Ich bin ein Mensch, der in alle Ecken schaut, die mir unbekannt sind“, begründete er seinen Antrieb, in jahrelanger mühevoller Kleinarbeit Daten und Bilder zur Rundkirche zu sammeln, um sie dann in einem Band zusammenzufassen.

Unterhaltsam und mit Anekdoten gespickt führte er die Besucher des Forums zurück in die Zeit der Entstehung, spannte den Bogen bis in die Neuzeit und endete mit der Renovierung, die 2001 die Rundkirche in ihren noch heute gültigen äußeren Zustand versetzte.

„Die Kirche hatte in Oberneisen schon immer eine große Bedeutung. Das war wohl auch der Grund, warum der Architekt Johann Schrumpf mit einem Neubau beauftragt wurde“, sagte Fischbach. Die jetzige Rundkirche wurde von 1816 bis 1819 von Schrumpf unter Einbeziehung des romanischen Turmes erbaut. Finanziert wurde der Bau unter anderem von den Gemeinden Lohrheim, Netzbach undOberneisen, die sich mit ihren Abgaben und Eigenleistung daran beteiligten. Die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche reicht bis ins Jahr 881. 958 wurde sie der Abtei St. Alban in Mainz geschenkt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die alte Kirche so baufällig, dass 1812 mit den Vorarbeiten für den Bau der neuen Kirche begonnen. „Zur Einweihung im Oktober 1819 gab es ein mehrtägiges Fest. Der Gottesdienst zur Einweihung dauerte von 9 bis 14 Uhr. Er beinhaltete auch eine Hochzeit und eine Taufe. Aus Zeitgründen verzichtete man damals auf das Abendmahl“, schilderte Fischbach aus seinen Nachforschungen den Zuhörern bisher unbekannte Details aus der Geschichte. So ist die Rundkirche wahrscheinlich die einzige Kirche im nördlichen Europa, in der der Altar in der Mitte des Raumes steht. In seiner akribischen Sammlung führt Fischbach nach und nach die baulichen Veränderungen über die fast zwei Jahrhunderte auf, in denen der „Dom des Aartals“ über dem Ort thront. So sei mit der heutigen Farbgebung der äußere Zustand des Neubaus von 1819 wieder hergestellt.

Annette Blome, seit Mitte des Jahres als Nachfolgerin Fischbachs in Oberneisen tätig, sprach ebenfalls von einem außergewöhnlichen Gebäude, das den Betrachtern im Vorbeifahren in Erinnerung bleibt, und fügte schmunzelnd hinzu: „Sonntags um 10 Uhr können alle Interessierte auch das Innere der Rundkirche bei einem Besuch des Gottesdienstes kennenlernen.“

Frank Puchtler, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins, blickte bereits auf das Jubiläumsjahr 2019, wenn das 200-jährige Jubiläum der Rundkirche gefeiert wird: „Die Zusammenfassung der Baugeschichte könnte als Grundlage für die Festschrift zum Jubiläum dienen.“ Puchtler würdigte den Einsatz, den Fischbach für die Dokumentation an den Tag legte.

 

RZ Rhein-Lahn-Kreis (Ost) Diez vom Donnerstag, 10. November 2016, Uli Pohl

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